Erscheinen Februar 2026 | #Migration als Chance – Ein Beitrag zur #Stadtbilddebatte aus postmigrantischer Perspektive
Im diesem Buch geht es um Menschen, die über Jahrzehnte am Rande der Gesellschaft lebten, weil ihre Geschichten in Deutschland kaum als erzählenswert galten. Es geht um die täglichen Kämpfe, die das Leben derer prägen, die als Erwachsene oder Kinder in ein Land kamen, für das Politikerinnen und Politiker bis heute immer wieder beanspruchen, dass es kein Einwanderungsland sei. Und das, obwohl diese Menschen das Leben in Deutschland seit Jahrzehnten mitbestimmen und wichtige Beiträge zur Gesellschaft leisteten und leisten, wie die in Vietnam geborene deutsche Schriftstellerin Hami Nguyen in ihrem Buch „Das Ende der Unsichtbarkeit“ feststellt.

Der Bild-Text-Band „‚Arrival City‘ – Geschichten vom Ankommen und Bleiben in Deutschland“ beim Mitteldeutschen Verlag Halle verbindet in einer Publikation erstmals Perspektiven aus Stadtgeographie, post-migrantischer Kritik und ethischen Fragen nach einer gerechten Gestaltung von Beteiligung von Menschen verschiedener Herkunftsbiografien in Deutschland am Beispiel des Untersuchungsraumes Fürth (Bayern).
Das Konzept der „Arrival City“ von Doug Saunders beschreibt Stadtviertel, in denen Zuwanderung besonders sichtbar wird. Seit 2016 nehmen deutsche Städte wie Oldenburg, Dresden oder Duisburg-Marxloh an Programmen teil, die Integration und Stadtentwicklung verbinden. Statt Migration als Problem zu sehen, betont die Idee die Chancen durch Arbeit, Bildung und neue Netzwerke. Saunders versteht Ankunftsstädte als Orte von Dynamik und Innovation. Untersucht wird dies aus einer postmigrantischen Perspektive am Beispiel der süddeutschen Stadt Fürth, wo vor allem Alt- und Innenstadt auf andere Städte in Deutschland übertragbare Merkmale einer Ankunftsstadt zeigen. Grundlage sind Interviews mit Unternehmer*innen sowie Akteur*innen städtischer und nichtstädtischer gesellschaftlicher Institutionen, die soziale und wirtschaftliche Prozesse begleiten und das Stadtleben prägen. Eindrückliche sozial-dokumentarische Fotografien von Stadt und Menschen stellen das Leben in der Ankunftsstadt vor.
Das Buch bietet umfangreiches foto-dokumentarisches Material, Interviewmaterial, eine wissenschaftliche Reflexion der Daten sowie eine grundlegende Literaturdarstellung zu urbanen sozialen Raumstrukturen und aktuellen sozialräumlichen Pozessen, die auf viele Städte in Deutschland übertragbar sind, die Ankunftsstädte in dem Sinne sind, als dorthin besonders viele Menschen zuwandern.
Das Buch bietet sich an als Grundlage für die Vorbereitung entsprechender Themenfelder in den Fächern Geographie, Philosophie/Ethik, Politik, Sozialkunde, Wirtschaft oder Deutsch.

Im Buch geben wir die Ergebnisse von 40 Einzelinterviews und Gruppengesprächen wieder, die wir mit insgesamt 53 Menschen geführt haben, die in Alt- und Innenstadt leben, arbeiten oder auch nur zeitweise wohnen und mit Personen, die, meist mit eigener Migrationserfahrung, Zuwanderung begleiten. Ausgangspunkt des Projekts sind die seit den 1970er-Jahren entstandenen Ladengeschäfte, die sichtbar das Stadtbild prägen. Befragt wurden migrantische Unternehmerinnen und Unternehmer, die entweder schon seit Jahrzehnten oder erst seit einigen Jahren Geschäfte führen – etwa im Lebensmittelhandel, in der Gastronomie, in Reisebüros oder in handwerksnahen Betrieben. Sie erzählten – allein, mit Familienangehörigen oder Geschäftspartnern – ihre Geschichten vom Ankommen und Bleiben in Deutschland. Diese Geschichten decken verschiedene Generationen und Herkunftsländer ab: Wir sprachen mit Zugewanderten aus der Türkei, Italien, Griechenland und dem Kosovo (1960er–1980er Jahre), aus Iran und Irak (Zuwanderungsphasen der 1970er und 2000er Jahre), mit Sikhs aus Indien (1990er Jahre), ehemaligen DDR-Vertragsarbeiterinnen aus Vietnam, sowie Zugewanderten aus Rumänien und Bulgarien nach Einführung der vollen EU-Freizügigkeit. Hinzu kommen eine Person aus Georgien und vier Personen aus der jüngsten Zuwanderungsgruppe seit 2015, die aus Äthiopien und Syrien stammen. Auch die Mitarbeitenden aus der Erwachsenenbildung, dem Quartiersbüro, der Sozialarbeit und den Sozialverbänden, mit denen wir sprachen, hatten überwiegend eigene Migrationserfahrungen in der Familiengeschichte – gleiches gilt für die interviewten Personen, die Zuwanderung informell begleiten, etwa in der Wohnraum- und Arbeitsvermittlung.
Die in Süddeutschland gelegene Stadt Fürth ist mit rund 130.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die sechstgrößte Großstadt in Bayern und ihre Geschichte ist wesentlich durch Zuwanderung geprägt. Wir begeben uns mit diesem Buch auf eine Spurensuche in der Fürther Alt- und Innenstadt, Stadtteile, die im Zweiten Weltkrieg weitgehend unzerstört blieben. Selbstverständlich findet Zuwanderung auch in anderen Stadtteilen statt, doch die Entwicklung der Zuwanderung lässt sich historisch am besten vom Zentrum aus nachzeichnen. Denn dort prägten wirtschaftliches Wachstum, Arbeitsmigration und soziale Unterschiede das Stadtbild besonders stark. Alt- und Innenstadt nehmen seit Jahrzehnten Zugewanderte auf, was im städtischen Raum sichtbar ist – vor allem in den von Migrantinnen und Migranten geführten Geschäfte, deren Wurzeln in der seit den 1960er Jahren als „Gastarbeiterzuwanderung“ bezeichneten Arbeitsmigration liegen und denen heute Gründungen durch neu Zugewanderte folgen. In der Innenstadt Fürths hatte 2024 fast die Hälfte der Bevölkerung einen sogenannten „Migrationshintergrund“. Den untersuchten Stadtraum bezeichnen wir mit dem Begriff der „Arrival City“ oder der „Ankunftsstadt“, den der britisch-kanadische Journalist Doug Saunders prägte für Städte oder Teile von Städten, in die besonders viele Menschen zuwandern.
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Text: Stefan Applis (2025)
Fotografie: Chris Frenz & Stefan Applis (2022-2025)
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