Eine Unterrichtsreihe für den Geographie- und Ethikunterricht in der Oberstufe

Ökologische, politische und ökonomische Aspekte globaler Wasserprobleme am Raumbeispiele Chile reflektieren

Chile leidet seit Jahrzehnten immer wieder unter langanhaltenden Trockenphasen, der Norden zählt zu den trockensten Regionen weltweit. Durch die globale Klimaerwärmung schmelzen zudem die Gletscher der Anden, die wichtige Trinkwasserreservoirs sind. Vor allem aber ist in den letzten Jahrzehnten der Bedarf an Wasser für die Landwirtschaft durch eine wachsende Exportorientierung gestiegen; im Bergbau werden ebenfalls große Mengen an Wasser verbraucht, was bereits zu einem Austrocknen von Seen und Flüssen geführt hat. Wasser ist entsprechend in Chile ein großes politisches Thema, zumal Wasser im Zuge der Privatisierung des Wassers mehr und mehr um Wirtschaftsgut und damit dem Gemeinwohl entzogen wurde.

Unter der Perspektive einer lösungsorientierten Didaktik nimmt man zuerst eine Lösung des Problems unter die Lupe nehmen und untersucht diese kritisch: Da Wasser vorwiegend Privateigentum ist und auch private Eigner ein Interesse an einer Reduzierung des Wasserverbrauchs haben, konzentrieren sich privatwirtschaftliche Maßnahmen vor allem auf technologische Lösungen für das Problem des hohen Wasserverbrauchs bei gleichzeitig zunehmender Wasserknappheit. Hierzu ist eine genaue faktische Analyse wichtig, um festzustellen, auf welche Aspekte des Problems sich genau bestimmte Lösungsvorschläge richten. Ein vertieftes Nachdenken über solche Lösungen bedeutet aber auch, den ethischen Fragen nachzuspüren. Was dürfen/sollen wir tun? Oder konkret: Ist es ethisch vertretbar, Wasser in großen Mengen für eine exportorientierte Wirtschaft mit hohem Wasserbedarf zu verwenden? Welche Verantwortung tragen Regierungsvertreterinnen, welche Produzentinnen und welche am Ende auch Verbraucher*innen in anderen Ländern? Wichtig ist hierbei, die ethischen Fragen immer auch als positiv lösungsorientierte Fragen zu stellen.

Innerhalb des von der DBU geförderten Projektes „The Future We Want“ der Arbeitsgruppe Rainer Mehren am Institut für Didaktik der Geographie der Westfälischen Wilhelmsuniversität Münster entstehen Themenhefte, die den Ansatz einer lösungsorientierten Didaktik nach Hoffmann (2018a, b) verfolgen. Die Hefte sind für Lehrkräfte gedacht, die kopierfähige Arbeitsmaterialien bevorzugen. Alle Materialien wie Bilder, Karten und Arbeitsblätter sowie die didaktisch-methodischen Erläuterungen zur Unterrichtsdurchführung sind zugleich online über die Seite „The Future We Want“ verfügbar.

Vor allem mittels einer Distance Learning-basierten Aus- und Fortbildungsstrategie kann eine möglichst große Verbreitung von Unterrichtsmaterialien erreicht werden. So können Lehrkräfte unterstützt werden, auf der Basis der Aus- und Fortbildungen eigenständig analoge Unterrichtsarrangements zu entwickeln bzw. bestehende zu optimieren. Letztlich ist das übergeordnete Ziel, möglichst viele Schüler*innen im Geographieunterricht in einem konstruktiven Umgang mit Unsicherheiten im Zusammenhang von Nachhaltigkeitsfragen zu stärken und sie zur Mitwirkung an kooperativen und kollaborativen Lösungsansätzen zu befähigen und zu motivieren.

Prof. Dr. Rainer Mehren, Georgraphiedidaktiker an der Westfälischen Wilhelmsuniversität Münster

Text: Anette Regelous, Marie Ulrich-Riedhammer & Stefan Applis (2024)

Titelbild: Adobe Stock

Literaturhinweise:

Hoffmann, T. (2018). Gerüstet für die Zukunft. Aufgaben des Geographieunterrichts. Praxis Geographie 1, 4-9.

Peters, R. (2022). Der Kampf ums Wasser ist ein zentrales Thema in Chile – das Städtchen Putaendo zeigt, weshalb. NZZ 23.06.2022. https://www.nzz.ch/international/wasserrechte-in-chile-putaendo-hofft-auf-die-neue-verfassung-ld.1690107

Rüttinger et al. (2014): Fallstudie zu den Umwelt- und Sozialauswirkungen der
Kupfergewinnung in Chuquicamata, Chile. Berlin: adelphi. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/dokumente/umsoress_fallstudie_kupfer_chile.pdf

Schäfer, M., Brust, S. & Löhning, U. (2023). Ein Rückschlag in Sachen Wasser. Nachrichtenpool Lateinamerika NPLA. https://www.npla.de/thema/politik-gesellschaft/interview-zum-neuen-verfassungsprozess-ein-rueckschlag-in-sachen-wasser/

Mehren et al. (2015). Die doppelte Komplexität geographischer Themen. Eine lohnenswerte Herausforderung für Schüler und Lehrer. Geographie aktuell & Schule Heft 216/37, 4-11.

Mehren, R. & Ulrich-Riedhammer, M. (2021). Der Kampf ums Ackerland. Faktische und ethische Komplexität im Kontext der Nachhaltigkeit. Praxis Geographie 3, 20-25.