Mystery-Methode zum Compassionate Use & Social-Media-Effekten in der Medizin

Mystery zu einem medizinethischen Fall aus dem Jahr 2014, der als Kampagne erstmals eine Medikamentenfreigabe erwirkte, ohne dass das Medikament zugelassen war. Der Name "Josh Hardy" wurde in Folge fast zu einer Marke für meidkamentenbezogene soziale Bewegungen, unter deren Label weitere Kampagnen gestartet wurden. Das Mystery eignet sich für den Einsatz im Philosophie- und Ethikunterricht, sowie in Deutsch-, Politik- und Biologieunterricht.

Josh Hardy, der Junge aus Fredericksburg, Virginia, dessen Familie eine Social-Media-Bewegung ausgelöst hatte, um ihm Zugang zu einem experimentellen Medikament zu verschaffen, verstarb im Alter von 10 Jahren. Sein Fall machte im März 2014 erstmals Schlagzeilen, als er nach einer Knochenmarktransplantation zur Behandlung von Krebs an einer seltenen Virusinfektion erkrankte. Seine Familie wollte von dem Pharmaunternehmen Chimerix ein experimentelles Medikament, von dem es hieß, es könne bei Behandlung helfen; das Unternehmen weigerte sich aber. Da die Eltern befürchteten, dass Brincidofovir die einzige Chance war, ihren Sohn zu retten, riefen die Eltern die Kampagne #SaveJosh , u.a. auf Facebook ins Leben. Zehntausende Menschen schlossen sich der Kampagne an, und nach etwa einer Woche beugte Chimerix dem medialen Druck. Im März 2015 erhielt Josh Hardy die erste Medikamentengabe und bald erholte er sich; allerdings war dies im gesamten Krankheitsbild nur eine vorübergehende Verbesserung, Josh Hardy verstarb im jahr 2016.

Unterrichtsmethode Mystery

Grundlagen zur Mystery-Methode: 
Stefan Applis (2021). Die Mystery-Methode – Hintergrund, Einsatz, geeignete Themenfelder. Doing Geo & Ethics.
Stefan Applis (2014). Global Learning in a Geography Course Using the Mystery Method as an Approach to Complex Issues. Review of International Geography Education online (RIGEO) 4(1), 58-70.

Bei der Mystery-Methode wird über Geschichten, die in Leitfragen enden, zu einer Problemstellung hingeführt (Material 1). In Kleingruppen versuchen die Schülerinnen und Schüler diese Fragen zu klären, indem sie Kärtchen mit ungeordneten Informationen zu einem Fallbeispiel zusammenbringen (Material 2). Wirkungszusammenhänge werden so in den untersuchten Themenfeldern mit Kärtchen und Pfeilen dargestellt (vgl. Aufgabenstellung Material 1). Je nach Schülergruppe, je nach Wahl der Perspektive und der Betonung einzelner Betrachtungsaspekte sind hier verschiedene Ergebnisse möglich. Darin, dies zu erkennen, besteht eine wesentliche, als Kompetenzerwerb angesehene Zielformulierung (vgl. Applis 2014; Van der Schee, Leat & Vankan 2006).

Die folgenden Aspekte sind zentral für die Mystery-Methode als Unterrichtsmethode:

  • komplexe Systeme weltlicher Erscheinungen lassen sich betrachten,  analysieren und diskutieren,
  • in der Art und Weise des Sprechens miteinander und der Art und Weise der Berücksichtigung von Informationen werden den Systemzusammenhängen, Teilaspekten des Systems und dem Gesamtsystem, Bedeutungen zugewiesen,
  • die Erkenntnis, dass ein Gesamtsystem trotz verschiedener Betrachtungsperspektiven je verschieden stimmig sein kann, wird ermöglicht,
  • der Erwerb eigener Meinungen verschafft Standpunkte und Urteilssicherheit gegenüber komplexen Systemen weltlicher Erscheinungen,
  • soziale Formen des Lernens unterstützen Lernprozesse, wenn sie Eigenbeteiligung und Freude am Austausch begünstigen,
  • Inhalt und Methodik stehen in einem inneren Sinnzusammenhang zueinander.

Das Aufgabenblatt (Material 1) führt direkt zur ersten Arbeitsphase hin, in der sich die Schüler*innen wechselseitig Aufklärung verschaffen über die in der Aufgabe angedeuteten Zusammenhänge. Dabei müssen sie selbst zu adäquaten Verfahren finden, innerhalb derer sie sich über die Informationen auf den Kärtchen (Material 2) informieren, über mögliche Zusammenhänge nachdenken und sich schließlich auf mögliche Deutungen dieser Zusammenhänge einigen. Widersprüchliches kann dabei durchaus widersprüchlich und Unklares auch offen bleiben, verschiedene Lösungen sind möglich, wenn mehrere Gruppen gleichzeitig das Mystery erarbeiten. Ganz nebenbei konfrontieren sich die Schüler*innen eigenen und fremden Werturteilen und Wertvorstellungen, wenn sie Vorgänge und Zusammenhänge einschätzen und ganz unweigerlich darüber nachdenken, ob sie als Konsumenten ebenfalls in die erarbeiteten Vorgänge involviert sind. Die Methode will den Umgang mit Komplexität und Kontroversität fördern, die Lehrkraft bleiben im Hintergrund, steht aber für fachbezogene Nachfragen zur Verfügung.

Literatur zum Fall Josh Hardy:

David F. Larcker, Sarah M Larcker & Brian Tayan (2014). Josh Hardy and the #SaveJosh Army: How Corporate Risk Escalates and Accelerates through Social Media. Stanford Closer Look Series, April 2014.

Kenneth I. Moch (2017). Ethical Crossroads: Expanded Access, Patient Advocacy, and the #SaveJosh Social Media Campaign. Medicine Access @ Point of Care, 2017.

Katherine Hobson (2017). The Accidental Ethicist. Social media made Kenneth Moch ’76 a target — and started a national debate. Princeton Alumni Weekly.

Literaturhinweise zur Mystery-Methode:

Pike, G. & Selby, D. (1998). Global teacher – Global learner. London.

Leat, D. (1998). Thinking Through Geography. Chris Kingston Publishing. Cambridge.

Schreiber, J.-R. & Schuler, S. (2005): Wege Globalen Lernens unter dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung. Praxis Geographie 35 (4), S. 4-10.

Vankan, L. (2003). Towards a New Way of Learning and Teaching in Geographical Education. International Research in Geographical and Environmental Education 12(1), 59-63. Van der Schee, J., Leat, D. & Vankan, L. (2006). Effects of the Use of Thinking Through Geography Strategies. Research in Geographical and Environmental Education 15(2), 124-133.