Ökologische, politische und ökonomische Aspekte globaler Wasserprobleme am Raumbeispiele Chile reflektieren

Chile leidet seit Jahrzehnten immer wieder unter langanhaltenden Trockenphasen, der Norden zählt zu den trockensten Regionen weltweit. Durch die globale Klimaerwärmung schmelzen zudem die Gletscher der Anden, die wichtige Trinkwasserreservoirs sind. Vor allem aber ist in den letzten Jahrzehnten der Bedarf an Wasser für die Landwirtschaft durch eine wachsende Exportorientierung gestiegen; im Bergbau werden ebenfalls große Mengen an Wasser verbraucht, was bereits zu einem Austrocknen von Seen und Flüssen geführt hat. Wasser ist entsprechend in Chile ein großes politisches Thema, zumal Wasser im Zuge der Privatisierung des Wassers mehr und mehr um Wirtschaftsgut und damit dem Gemeinwohl entzogen wurde.

Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt wird in Chile darum gerungen, dass das Recht auf Zugang zu Wasser Verfassungsrang erhält. Doch auch im Jahr 2023 ist diese Forderung noch nicht umgesetzt, da Wasser weiterhin als strategisches Gut behandelt wird. Zwar ist in dem neuen Verfassungsentwurf zu lesen, dass Wasserreserven für heutige und zukünftige Generationen gesichert werden sollen als nationale Güter, private Nutzungsrechte sollen aber gewahrt werden, wodurch Rechte auf freien Zugang zu Wasser im Einklang mit geltendem Recht eingeschränkt werden können. Die vorgelegte Unterrichtseinheit thematisiert Hintergründe der Wasserknappheit und Lösungsmöglichkeiten technologischer Art, die eine Reduzierung des Wasserverbrauchs von Wasser als Wirtschaftsgut erreichen sollen, um auf diese Weise größere Mengen an Wasser frei zugänglich zu machen.

Unter der Perspektive einer lösungsorientierten Didaktik nimmt man zuerst eine Lösung des Problems unter die Lupe nehmen und untersucht diese kritisch: Da Wasser vorwiegend Privateigentum ist und auch private Eigner ein Interesse an einer Reduzierung des Wasserverbrauchs haben, konzentrieren sich privatwirtschaftliche Maßnahmen vor allem auf technologische Lösungen für das Problem des hohen Wasserverbrauchs bei gleichzeitig zunehmender Wasserknappheit. Hierzu ist eine genaue faktische Analyse wichtig, um festzustellen, auf welche Aspekte des Problems sich genau bestimmte Lösungsvorschläge richten. Ein vertieftes Nachdenken über solche Lösungen bedeutet aber auch, den ethischen Fragen nachzuspüren. Was dürfen/sollen wir tun? Oder konkret: Ist es ethisch vertretbar, Wasser in großen Mengen für eine exportorientierte Wirtschaft mit hohem Wasserbedarf zu verwenden? Welche Verantwortung tragen Regierungsvertreter*innen, welche Produzent*innen und welche am Ende auch Verbraucher*innen in anderen Ländern? Wichtig ist hierbei, die ethischen Fragen immer auch als positiv lösungsorientierte Fragen zu stellen.

Technologische Lösungen für Wasserknappheit beurteilen

In der ersten Doppelstunde der für die Oberstufe entwickelten Unterrichtssequenz werden die Schüler*innen mit einer Lösung zum Wassereinsparen in der Landwirtschaft bekannt gemacht, die von einem Schweizer Unternehmen stammt. In diesem Zusammenhang wird zunächst der Wassermangel in der Landwirtschaft thematisiert. Die Schüler*innen erarbeiten sich auf Grundlage von Videobeiträgen und technischen Erläuterungen auf der Website des Unternehmens den technologischen Ansatz selbst und halten ihre Ergebnisse u.a. in einer Concept-Map fest; die Arbeitsergebnisse werden zudem konfrontiert mit den Sustainable-Development-Goals (SDGs), um so zu bewerten, an welcher Stelle der Lösungsansatz ansetzt und welche Aspekte davon nicht oder nur am Rande berührt werden. Der Rückbezug auf die lokale Ebene und der Vergleich mit regionalen Lösungsansätzen sollen eine Erweiterung der Betrachtung in faktischer und ethischer Hinsicht anregen.

Ausblick auf die gesamte Unterrichtssequenz

Überblick zum Arbeitsmaterial der ersten Doppelstunde

Zu Beginn wird vorgeschlagen einen Ausschnitt aus dem folgenden Video zu zeigen, das später auch für die vertiefte Erarbeitung des technologischen Lösungsansatzes verwendet wird. In diesem wird das AQUA4D-Verfahren erklärt am Raumbeispiel Chile durch einen Produzenten von Trockenfrüchten. Die Bilder der Baumkulturen und der umgebenden Landschaft führen in den Raum ein, der im Verlauf der Unterrichtssequenz vertiefend bearbeitet wird.

M1 enthält die Problemstellung in Form eines Textes; der Text dient im Folgenden als fachlich verdichtet Grundlage verschiedener Aspekte (sozial, politisch, ökologisch, ökonomisch) der Problemstellung. Ergänzend kann das darunter verlinkte Video präsentiert werden.

Über Aufgabe 1 sollen sich die Schülerinnen und Schüler in Eigenarbeit, die als Gruppen- oder Partnerarbeit gestaltet werden kann, mit einem technologischen Lösungsansatz auseinandersetzen. Die Erstellung einer Concept-Map dient dabei der Strukturierung der sich im Arbeitsprozess ergebenden Erkenntnisse. Aufgabe 2 zielt darauf ab, eine erste ethische Reflexion anzubahnen, indem das normative Konzept der „Sustainable Development Goals“ auf den Lösungsansatz angewandt wird; hierbei soll deutlich werden, dass soziale und politische Aspekte, die für die chilenische Gesellschaft bedeutsam sind, von dem technologischen Lösungsansatz nur am Rande berührt werden.

M2 vertieft mit Aufgabe 3 die Analyse in Bezug auf soziale, politische und ökologische Aspekte, die Arbeitsergebnisse werden im Arbeitsblatt gesichert; Vorstrukturierungen in Tabellenform sollen die Ergebnisreflexion und eine geordnete Sicherung der Ergebnisse unterstützen. Schließlich wird in den Aufgaben 4 und 5 noch der Schritt nach Deutschland unternommen, um deutlich zu machen, dass Wasserknappheit ein globales Phänomen ist und im Zusammenhang mit Phänomenen der globalen Klimaerwärmung steht.

Literaturhinweise:

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Schäfer, M., Brust, S. & Löhning, U. (2023). Ein Rückschlag in Sachen Wasser. Nachrichtenpool Lateinamerika NPLA. https://www.npla.de/thema/politik-gesellschaft/interview-zum-neuen-verfassungsprozess-ein-rueckschlag-in-sachen-wasser/

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Mehren, R. & Ulrich-Riedhammer, M. (2021). Der Kampf ums Ackerland. Faktische und ethische Komplexität im Kontext der Nachhaltigkeit. Praxis Geographie 3, 20-25.