Das Planspiel Tuvalu

Ein Beitrag von Markus Bohlmann

Es ist absehbar, dass der Inselstaat Tuvalu durch den ansteigenden Meeresspiegel in näherer Zukunft versinken wird. Das Versinken von Inseln ist ein häufig verwendetes Beispiel zur Verdeutlichung der Folgen des menschengemachten Klimawandels. Der Untergang von Tuvalu ist mit menschlichen Schicksalen, aber auch Kosten verbunden, insofern die diskutierte Migration der Bevölkerung Tuvalus auf die Fidschi-Insel Kioa oder nach Neuseeland auch finanziert werden muss. Die Verteilung dieser Kosten ist ein seit der Bonner Klimakonferenz von 2017 diskutiertes Problem der Klimagerechtigkeit, bei dem es keine einfache Lösung gibt. Klar ist, dass die internationale Staatengemeinschaft aufgrund des menschengemachten Klimawandels in der Verantwortung steht. Unklar ist aber, wie sich diese Verantwortung verteilt und wie sie sich in Forderungen nach staatlicher Übernahme von Kosten übersetzen lässt.

„Tuvalu in Zeiten des Klimawandels“ – Ein Beitrag der NGO Brot für die Welt gibt einen Überblick zur Problemsituation

Das Planspiel Tuvalu ist konzipiert für Oberstufenkurse, die sich mit aktuellen ethischen Problemen beschäftigen. Im Planspiel übernehmen die Schüler*innen in Gruppen die Rollen der Delegationen verschiedener Länder auf einer UN-Klimakonferenz, die möglichst einen Konsens zur Kostenverteilung im Fall Tuvalu finden sollen. Die Länder sind so ausgewählt, dass hier verschiedene klimaethische Diskussionslinien deutlich werden. Es finden sich Länder mit einer längeren Geschichte der Industrialisierung, Länder mit dem Wunsch einer nachholenden Industrieentwicklung, Länder mit geographischer Nähe zu Tuvalu, Länder, die ebenfalls bereits unter Klimaschäden leiden, reiche Länder und arme Länder. Entsprechend gibt es mehrere Konfliktlinien entlang derer die klimaethische Frage diskutiert werden kann.

Die Insel Tuvalu im Südpazifik wird in näherer Zukunft versinken. Auf einer internationalen Klimakonferenz verhandeln die Teilnehmer*innen die Konsequenzen

Vorschläge für den Ablauf der Unterrichtseinheit

Es empfiehlt sich die Sequenz mit einem Problemaufriss zu Tuvalu (Lehrer+innen-Info) zu beginnen, hierauf folgt die Austeilung der Gruppenkarten. Die jeweilige Position der Ländergruppen wird im Vorfeld durch ein Positionspapier in Grundzügen geklärt. Es schließt sich eine mindestens 45-minütige Organisations- und Recherchephase anhand weiteren Materials an. Am Ende der Recherchephase sollen die Delegationen der Länder jeweils ein Positionspapier zur Vorbereitung der Diskussion angefertigt haben, das Talanoa-Diskussionspapier. Bei der Argumentation der einzelnen Länder spielen direkt ethische Fragen und Theorien eine Rolle, die hier anhand der Information durch zwei philosophische Experten, Angela Kallhoff und Anton Leist, abgebildet werden durch die Philosophische-Positionen-Karten. Ebenso sind aber wissenschaftliche und politische Fragen für die Argumentation relevant. Die Ländergruppen sind daher jeweils noch einmal unterteilt in die Rollen von Ethikberater*innen und Diplomat*innen, die mit den jeweiligen Informationen an den Stationen „Ethik“ und „Information Wissenschaft und Politik“ auch mit Hilfe von Internetrecherchen im Vorfeld arbeiten. Dafür wird zumindest eine Einzelstunde zur Vorbereitung benötigt.

Die Diskussion findet dann in einer folgenden Doppelstunde anhand des auf der Bonner Klimakonferenz ebenfalls verwendeten Talanoa-Dialogs statt. Diese Diskussionsform der Südseeinseln ist geschichtenbasiert und fördert die Sachlichkeit in dem für viele Schüler*innen emotional aufgeladenen Klimafrage. Eine Schülerin oder ein Schüler führt als Moderatorin oder Moderator durch die Diskussion. Zur Sicherung der Ergebnisse können noch „Reporter“ bestimmt werden, die Diskussionsverlauf und -ergebnis protokollieren. Ziel der Diskussion ist die Einsicht in die Komplexität des Verteilungsproblems von Klimaschäden. Hier gibt es keine ideale Theorie als Lösung. 

Unterrichtsmaterial zum Download

Verwendete Literatur

Kallhoff, A. (2015): Klimagerechtigkeit Und Klimaethik. Berlin: De Gruyter.

Leist, A. (2011): „Klimagerechtigkeit“. In: Information Philosophie 5, S. 1–9.

Text: Markus Bohlmann (2020)

Unterrichtsmaterial: Markus Bohlmann (2020)

Bild: Stefan Lins – Flickr.com, CC BY-SA 2.0