Zur Idee
‚Wie könnte deine Welt im Jahr 2040 in Anbetracht des Klimawandels aussehen?‘ – So könnte eine Fragestellung lauten, die Schüler*innen dazu animiert, ihre Kenntnisse über den Klimawandel, dessen Folgen und potenzielle Maßnahmen auf ihr eigenes Umfeld zu beziehen. Mit dem Smartphone sollen sie einen Ausschnitt ihres Lebens (eigener Alltag, Umgebung) fotografisch festhalten und mit einem digitalen Tool mit Anmerkungen darüber versehen, was sich im Jahr 2040 verändert haben könnte.
Didaktisch-methodisches Potenzial
Im beschriebenen Vorgehen einer Fotomotivsuche mit dem Smartphone und anschließendem Annotieren des geschossenen Fotos liegt ein großes didaktisch-methodisches Potenzial. So erfordert die Aufgabe von den Schüler*innen zunächst, den Fokus auf eine bestimmte Fragestellung zu richten und nicht relevante Aspekte auszublenden (Wichmann 2018) – d. h. nach einem Motiv zu suchen, das sich besonders als Basis für den Entwurf eines Zukunftsbildes zum Thema Klimawandel eignet. Die Auswahl eines Fotomotivs erfordert, dass die Lernenden die im Unterricht zum Klimawandel thematisierten Inhalte auf ihren Alltag und auf einen anderen Raum übertragen können. Das Losziehen im Rahmen einer solchen Motivsuche fördert die Selbstständigkeit von Schüler*innen und schult bei wiederholtem Durchführen insgesamt ihren geographischen Blick. Zudem bietet die Methode den Vorteil der sowohl kognitiven als auch motorischen Aktivierung. Gleichzeitig handelt es sich durch den Einsatz des Smartphones und eines digitalen Tools um eine medienintensive Methode, die durch ihr unmittelbares Anknüpfen an die Lebenswelt der Lernenden sowohl für letztere besonders motivierend ist, als auch Chancen für die Medienschulung der Schüler*innen bietet (Wichmann 2018). Im beschriebenen Unterrichtsvorschlag wird insbesondere die Kompetenz gefördert, »gewonnene[] [geographisch relevante] Informationen in andere Formen der Darstellung […] um[zu]wandeln« (Deutsche Gesellschaft für Geographie e. V. 2020: 21).
Methodisches Vorgehen
Am Ende der dem geplanten Unterrichtsvorhaben vorausgehenden Stunde wird den Schüler*innen das geplante Vorgehen transparent gemacht: Es soll ein Foto geschossen werden, das in der nächsten Stunde im Sinne o. g. Fragestellung (»Wie könnte deine Welt im Jahr 2040 in Anbetracht des Klimawandels aussehen?«) digital mit Anmerkungen versehen werden soll. Entsprechend werden die Schüler*innen als vorbereitende Hausaufgabe damit beauftragt, in ihrer Umgebung ein geeignetes Foto zu schießen und dieses in der nächsten Stunde in digitaler Form mitzubringen. Alternativ können die Schüler*innen ein solches Foto auch zu Beginn der entsprechenden Schulstunde schießen, indem sie in einer ersten Unterrichtsphase auf dem Schulgelände auf Fotomotivsuche gehen – die Motivwahl wäre dann allerdings deutlich eingeschränkter und im Vergleich weniger vielfältig als bei einer Motivsuche im Zuge einer Hausaufgabe. In der anschließenden Stunde bearbeiten die Lernenden auf Computern, Tablets oder ihren Smartphones ihr Foto mit dem digitalen Tool ThingLink, welches ermöglicht, Bilder, Videos und 360°-Ansichten mit zusätzlichen Inhalten zu versehen. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Schüler*innen einen kostenlosen Account auf thinglink.com anlegen und Zugang zum Internet haben. Die Bearbeitung erfolgt, indem die Lernenden ihr geschossenes Foto auf der Webseite hochladen und es in der Bearbeitungsansicht mit Markierungen in Form von Icons versehen. Zu diesen können sowohl Texte in Reinform als auch externe Inhalte (Webseiten, Videos etc. als Rich Media Tags) verlinkt werden. Entsprechend erfordert die Aufgabe von den Schüler*innen, das von ihnen geschossene Foto mit Tags zu versehen, mit denen sie (in Textform und, wo gewünscht, auch durch Verlinkung externer Inhalte) beschreiben, wie sich Komponenten ihres Fotos im Jahr 2040 verändert haben könnten. Hierbei sind sowohl negative (Folgen des Klimawandels zeigen sich) als auch positive Veränderungen (Gegenmaßnahmen der Menschen zeigen sich) denkbar. Nach Fertigstellung können die Schüler*innen ihr Produkt auf ihrem ThingLink-Account speichern und den Link zum Produkt für einen späteren Zugriff oder ein Teilen desselben nutzen. Es sollte sich eine Präsentationsphase anschließen, im Rahmen derer die Lernenden ihre fertigen Produkte z. B. am Klassenraumcomputer mittels Beamer vorstellen; alternativ können die Links zu den angefertigten Produkten in der Klasse verteilt und in einer Einzelarbeitsphase von den Mitschüler*innen angesehen werden. Im Anschluss wird im Plenum über die Produkte der Lernenden diskutiert und verglichen, welche Zukunftsvisionen die Schüler*innen haben. Hierbei ist auch interessant, zu thematisieren, ob diese innerhalb der Lerngruppe eher positiv oder negativ ausfallen.
Bei der Durchführung des vorgestellten Unterrichtsvorhabens sollte beachtet werden, dass es erforderlich ist, dass die Schüler*innen mit den Grundsätzen der Fotoaufnahme vertraut sind, insbesondere was Persönlichkeitsrechte von Außenstehenden betrifft (Wichmann 2018). Aus technischer Sicht müssen die Lernenden neben der Handhabung ihres Smartphones in der Lage sein, das Tool ThingLink zu bedienen. Wenngleich letzteres insgesamt recht intuitiv bedienbar ist, sollte es dennoch idealerweise zuvor eingeführt oder im Rahmen anderer Unterrichtsvorhaben bereits verwendet worden sein. Auch sollten die Schüler*innen über grundsätzliche Kenntnisse im Bereich der Themen Copyright sowie Privatsphäre und Sicherheit im Internet verfügen (Bates 2013). Durch den Technikeinsatz besteht zudem das grundsätzliche Risiko, dass es bei der Durchführung zu technischen Problemen kommen kann (Wichmann 2018).
Einsatz der Methode
Die Methode der Fotoaufnahme mit dem Smartphone und dem anschließenden Annotieren der geschossenen Bilder kann ab der Mittelstufe eingesetzt werden. In einer Unterrichtsreihe zum Klimawandel bietet es sich an, das Unterrichtsvorhaben unter der oben aufgeführten Fragestellung nach der Behandlung des Klimawandels selbst, dessen Folgen und Gegenmaßnahmen durchzuführen. In diesem Fall würden die Schüler*innen die im Unterricht erworbenen Kenntnisse auf ihre Umgebung übertragen und für sich selbst z. B. eine eher optimistische (Erfolg von Gegenmaßnahmen) oder eher pessimistische Position (Folgen des Klimawandels überwiegen) einnehmen. Es könnte sich die Behandlung von wissenschaftlichen Zukunftsszenarien zum Klimawandel anschließen. Unter der o. g. Fragestellung bietet sich auch eine unterrichtliche Verknüpfung mit dem Film ‚2040 – Wir retten die Welt!‘ an.
Literatur
Bates, M. (2013): ThingLink as an Educational Tool. http://etec.ctlt.ubc.ca/510wiki/
ThingLink_as_an_Educational_Tool (08.11.2020).
Deutsche Gesellschaft für Geographie e. V. (2020): Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss. Mit Aufgabenbeispielen. http://geographiedidaktik.org/
wp-content/uploads/2020/09/Bildungsstandards_Geographie_2020_Web.pdf (08.11.2020).
Wichmann, B. (2018): Die 360°-Methode. Der geographische Blick mit dem Smartphone. In: Praxis Geographie, 48, 7/8, 10-11.
Autorin: Julia Althoff
Bild: Pixabay (2016)