Durch die Integration von Maßstabsebenen in Concept-Maps die geographische Perspektive deutlich machen

Salar de Uyuni in Bolivien (Foto: Peter Link)

Unterrichtsbeispiel: »Lithium-Abbau in Südamerika – Die Kehrseite der Energiewende«

Das vorgelegte Unterrichtsbeispiel zu Auswirkungen des steigenden Lithiumbedarfs durch ein Anwachsen der Nachfrage nach mobilen und stationären Stromspeichern hat als Textgrundlage einen 2019 im Deutschlandfunk erschienenen Beitrag der Umweltjournalistin Susanne Götze. Darin wird an Beispielen aus Bolivien, Chile und Argentinien gezeigt, welche Konflikte sich vor Ort unter den verschiedenen betroffenen Interessensgruppen entspinnen, mit weitreichenden Folgen für die natürlichen Lebensgrundlagen der von Subsistenzwirtschaft (Weidewirtschaft und Landwirtschaft) abhängigen indigenen Gruppen und der Wasserversorgung der anliegenden Gemeinden.

»Im Dreiländereck Bolivien, Chile, Argentinien sollen 70 Prozent der weltweiten Lithium-Vorkommen lagern. Der Rohstoff wird gebraucht, um Elektro-Auto-Batterien herzustellen. In Zeiten der Energiewende wächst der Bedarf nach Lithium rasant. Doch dessen Abbau zerstört die Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung.«

Susanne Götze
Industrialisierter Salzabbau auf den Hochebenen des Länderdreieck (Foto: Peter Link)

Zum Ansatz des Concept-Mapping unter Einbezug von Maßstabsebenen (Hofmann & Thume 2020)

Maßnahmen sowie Konsequenzen der Elektromobilität liegen auf unterschiedlichen Maßstabsebenen (Südamerika, Argentinien, Chile, Bolivien, Nordamerika, Deutschland, weltweit). Durch die räumliche Dimension einzelner Systemelemente und deren Verknüpfungen wird die geographische Perspektive nachvollziehbar – diese ist zentral für das Gesamtverständnis eines Systems (Cox 2018): Auf welchen Ebenen liegen die Ursachen, auf welchen die Konsequenzen? Wie sind sie über verschiedene Ebenen hinweg miteinander verbunden? Auf welchen (verschiedenen) Ebenen können/ müssen Maßnahmen ansetzen?

Eine Integration der Maßstabsebenen in eine Concept Map kann über Rahmen erfolgen, die einzelne Elemente und ihre Pfeilverbindungen umschließen (vgl. M4) (Favier 2017, Cox 2018). Ineinander geschachtelte Rahmen ermöglichen eine Hierarchisierung der Ebenen und vertikale Verknüpfungen; verschiedene Rahmen auf einer Ebene (z.B. Bolivien & Deutschland) lassen horizontale Verknüpfungen zu. Eine so vorstrukturierte Concept Map führt nach Cox (2018) zu einem größeren Raumbezug in den Ausführungen der Schüler*innen; zugleich schulen diese ihr Denken in unterschiedlichen Maßstabsebenen bzw. im Maßstabswechsel. Ihre Studie zeigt zudem, dass Schüler*innen dann verstärkt räumliche Skalen in ihre Systemanalyse miteinbeziehen (Cox, Elen & Steegen 2019). Das durch die Rahmen visualisierte Basiskonzept der Maßstabsebenen bzw. über die Aufgaben konkretisierte Konzept des Maßstabwechsels kann so Schüler*innen beim Durchdenken immer komplexer werdenden Interaktionen des Mensch-Umwelt-Systems helfen.

Arbeitsergebnis einer Oberstufenklasse aus der Projektschule »Christian-Ernst-Gymnasium Erlangen«

Interessenkonflikte in der Elektromobilität

»Wir erleben im Augenblick, dass der Bedarf an mobilen und stationären Stromspeichern rasant wächst. Batterieproduktion wird ein wesentlicher Teil der industriellen Wertschöpfungskette weltweit. Weil Batterieanwendungen eben im Rahmen der Energiewende, im Rahmen der Elektromobilität aber auch in vielen anderen industriellen Bereichen zum Normalfall werden.«

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier

»Der Abbau von Lithium für Europa und der Wechsel zum Elektroauto wird unsere Gemeinden und unsere Landschaft umbringen. Und bisher kannten wir hier keine Autos. Schon gar keine Elektroautos – die kennen wir nur vom Foto. Ihr glaubt, damit könnt ihr die Menschheit retten, aber ihr werdet uns alle umbringen.«

Gouverneur der Kolla-Region in Argentinien

»Ich bin nicht generell gegen den Ressourcenabbau oder die Lithiumgewinnung. Wir brauchen das Lithium für die Energiewende – aber wir müssen auch darauf achten, wie es gefördert wird.«

Marcel Sticco, Geologe

Möchte man die im Rahmen der Hausaufgabe erarbeiteten neuen Wissensstände direkt weiterleiten in eine diskursive Auseinandersetzung, bei der die Inhalte nicht im Lehrer*in-Schüler*in-Gespräch geleitet thematisiert werden, sondern diskutiert werden, bietet sich hierfür die Dilemmadiskussionsmethode an. Im hier thematisierten Fall bietet sich eine Diskussion zu dem im Beispiel »Elektromobilität« vorliegenden Nachhaltigkeitsdilemma an (vgl. Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030):

1. Armut in jeder Form und überall beenden.

2. Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.

3. Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern. […]

6. Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten. […]

9. Eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen. […]

13. Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen. […]

17. Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wiederbeleben.

Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030

Text: Stefan Applis (2020)

Photo: Peter Link

Arbeitsmaterial: Stefan Applis & Jan Hofmann (2020)

Quelle der Textgrundlage des Unterrichtsbeitrags:

Wir danken der Journalistin Susanne Götze. für die Bereitstellung ihres Artikels. Bitte beachten Sie ihr aktuelle und weitere Buchpublikationen der Autorin, die sich besonders für Ziele der Nachhaltigkeit einsetzt:

Susanne Götze (2020): Die Klimaschmutzlobby – Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen. Piper: München.

Susanne Götze (2018): Land unter im Paradies – Reportagen aus dem Menschenzeitalter. oekom: München.

Literaturhinweise

Cox, M. (2018): A system thinking approach in secondary geography education. Leuven University, (Dissertation)

Cox, M., Elen, J. und Steegen, A. (2019): Fostering students geographic systems thinking by enriching causal diagrams with scale. Results of an intervention study. International Research in Geographical and Environmental Education

Favier, T.T.: Towards a theoretical framework for geographical relational thinking. In: Integrating Knowledge and Understanding in Geography Education, S. 93-95. Lissabon (2017)

Thume, S. und Hofmann, J. (2020): Als Kapstadt beinahe das Wasser ausging – das Basiskonzept „Maßstabsebenen/-wechsel“ mittels Concept Maps anbahnen. Praxis Geographie 2020(4), 25-29, online verfügbar unter: https://www.westermann.de/anlage/4621025/Als-Kapstadt-beinahe-das-Wasser-ausging-Das-Basiskonzept-Maszstabswechsel-mittels-Concept-Maps-anbahnen