Einsatz von Google Earth im Geographieunterricht
Seit seiner Einführung im Jahr 2005 hat der Virtuelle Globus Google Earth große Bekanntheit erlangt. Er ermöglicht die »Darstellung von Geoinformation auf einer dreidimensionalen Oberfläche« (Eichert et al. 2013, 25), was ihn zusammen mit seiner intuitiven Bedienbarkeit zu einem beliebten Werkzeug hat werden lassen, mit dem die Erdoberfläche ‚von oben‘ erkundet werden kann (Eichert et al. 2013). Dabei kann Google Earth sowohl als Web- als auch als Mobile- oder Desktopversion genutzt werden.
Diverse geographiedidaktische Publikationen (vgl. zum Beispiel Lößner 2007, Schmitz-Elvenich 2008, Schmid / Thierer 2010) zeugen davon, dass Google Earth neben dem privaten Gebrauch auch vielfältige Chancen für den schulischen Geographieunterricht bietet und in den Funktionen des Virtuellen Globus ein großes didaktisch-methodisches Potenzial liegt. So macht Google Earth jedem Nutzenden weltweite Luftbild- und Satellitenaufnahmen zugänglich, die sowohl Lehrkräfte in ihrer Vorbereitung des Unterrichts unterstützen als auch die unterrichtlich behandelten Raumbeispiele für Lernende greifbarer machen. Zusätzlich dazu werden umfassende raumbezogene Informationen bereitgestellt, seien es zum Beispiel eingebundene Fotos, spezifische Informationen zu Orten oder aktuelle Wetterdaten. In der stufenlosen Skalierbarkeit von Virtuellen Globen liegt ferner die Chance der Förderung räumlicher Orientierungskompetenz. Die Funktion von Google Earth, mit einem Schieberegler zwischen älteren und neueren Luft- und Satellitenbildern zu wechseln, ermöglicht, raum-zeitliche Prozesse zu visualisieren und zu analysieren; ein Lineal-Tool erlaubt, Größenverhältnisse nachzuvollziehen. Virtuelle Globen werden zudem insgesamt als förderlich für das Interesse und die Motivation der Lernenden angesehen (Eichert et al. 2013).
Klimawandel über Google Earth verfolgen
Auch im Kontext des Themas Klimawandel lässt sich Google Earth hervorragend in den Unterricht integrieren, denn insbesondere auch aus der Vogelperspektive lassen sich menschliche Handlungen, die den Klimawandel begünstigen, Folgen, die der Klimawandel mit sich bringt und Maßnahmen, die Menschen gegen den Klimawandel und seine Auswirkungen ergreifen, beobachten. Nachfolgend ist in diesem Sinne eine Liste mit einigen von zahlreichen Orten aufgeführt, die für eine virtuelle Reise zum Thema Klimawandel besonders interessant sind.
Ursachen des Klimawandels
Regenwald-abholzung | Amazonas-Regenwald (z. B. in Rondônia und Mato Grosso, Brasilien) | Wird ein Ausschnitt gewählt, auf dem der Norden des brasilianischen Bundesstaats Rondônia und der Nordwesten des Bundesstaats Mato Grosso zu erkennen sind, kann unter Verwendung der Funktion „Historische Bilder anzeigen“ die Regenwaldabholzung zwischen den 1980er Jahren und heute gut sichtbar gemacht werden. |
Grenzverlauf Haiti / Dominikanische Republik | Bei Betrachtung des Grenzverlaufs zwischen Haiti und der Dominikanischen Republik (z. B. nahe der Stadt Restauración) fällt auf, dass der Regenwald in Haiti nahezu flächendeckend abgeholzt wurde, während er in der Dominikanischen Republik deutlich besser erhalten ist. | |
Pundu, Borneo, Indonesien | Wird der Ort ‚Pundu, Borneo‘ in das Suchfeld eingegeben, wird ein Ausschnitt angeflogen, der von einem großflächigen, rechteckigen Straßennetz geprägt ist. Es handelt sich um große Ölpalmenplantagen; die Palmen sind bei näherem Zoomen gut erkennbar. | |
Sonstiger Ressourcen-abbau | Cananea-Mine, Mexiko | Eine Suche nach ‚Cananea-Mine‘ erlaubt, die gigantischen Ausmaße des Kupferabbaus in einer Mine in Mexiko zu betrachten, die im Laufe der Zeit immer weiter gewachsen ist (vgl. Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘). |
Eagle Downs Coal Mine, Australien | Ein Beispiel für Kohleabbau in Australien ist ‚Eagle Downs‘; auch hier kann die Entwicklung mit der Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘ sichtbar gemacht werden. | |
Grasberg-Mine, Indonesien | Bei Google Earth sind die immensen Dimensionen der Grasberg-Mine, einer Goldmine in Indonesien, gut zu erkennen. | |
Fort McMurray, Kanada | Nördlich von Fort McMurray in Kanada befindet sich ein weites Gebiet, in dem Ölsand abgebaut wird. Auch hier zeigt die Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘, in welchem Umfang die Ölsandförderung in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist. | |
Rinderhaltung | Kuner Feedlot, USA | Bei dem Kuner Feedlot handelt es sich um ein sehr großes Feedlot; bei näherem Zoomen sind die einzelnen Rinder gut zu erkennen. |
Folgen des Klimawandels
Gletscher-schmelze | Columbia-Gletscher, USA | Am Columbia-Gletscher in Alaska kann man bei Nutzung der Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘ deutlich das Ausmaß der bereits stattgefundenen Eisschmelze seit den 1980er Jahren nachvollziehen. |
Grönland, z. B. bei Nanortalik | Wählt man einen Ausschnitt der Fjordlandschaft um Nanortalik in Grönland und nutzt die Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘, wird auch dort die bereits stattgefundene Eisschmelze deutlich. | |
Kilimandscharo, Tansania | Die Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘ verdeutlicht das Schmelzen der Eiskappe des Kilimandscharo. | |
Trockenheit | Tschadsee, Tschad / Kamerun / Nigeria / Niger | Der Tschadsee hat im Laufe der Jahrzehnte einen Großteil seiner Wasserfläche eingebüßt, was durch die Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘ deutlich wird. |
Maßnahmen gegen den Klimawandel und Folgen des Klimawandels
Deichbau | Petten, Niederlande | In Petten, Niederlande, zeigt die Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘, wie in den letzten Jahren eine Dünenlandschaft als Maßnahme gegen den Meeresspiegelanstieg angelegt wurde. |
Erneuerbare Energien | Longyangxia-Solarpark westlich des Longyangxia Reservoir, China | Deutlich sind aus der Vogelperspektive die Solarmodule des Longyangxia-Solarparks zu erkennen. Über die Funktion ‚Historische Bilder anzeigen‘ ist es möglich, die Entstehung des Solarparks in den letzten Jahren nachzuverfolgen. |
Gemasolar, Spanien | Beeindruckend anzusehen ist bei Google Earth auch das solare Turmkraftwerk ‚Gemasolar‘, bei dem Strom über Bündelung von Sonnenlicht auf einen einzigen Punkt mithilfe von Spiegeln erzeugt wird. | |
Windpark Mojave, USA | Bei Google Earth werden die Dimensionen des Windparks Mojave der Vereinigten Staaten eindrucksvoll deutlich. | |
Windpark Middelgrunden vor Kopenhagen, Dänemark | Vor Kopenhagen kann mit Middelgrunden ein Offshore-Windpark angeflogen werden. | |
BioEnergie Park Güstrow, Deutschland | Wenngleich er mit seinen Dimensionen im Schatten der großen Wind- und Solarparks steht, ist der BioEnergie Park Güstrow als größte Biogasanlage der Welt (Stand 2016; Energie & Management GmbH 2016) ebenso einen virtuellen Besuch wert, wenn es um erneuerbare Energien geht. | |
Angepasster Städtebau | Sustainable City, Dubai, V. A. E. | Aus der Vogelperspektive lässt sich die Anlage der Sustainable City in Dubai mit ihren Grünanlagen, Solarmodulen, Carports zum Abstellen der Autos und Gewächshäusern erkunden. |
Vauban, Freiburg, Deutschland | Auch im Ökostadtteil Vauban der Stadt Freiburg lassen sich von oben bspw. Grünflächen, Solarmodule und Dachbegrünung entdecken. |
Zusätzlich zum reinen Visualisieren von im Unterricht behandelten Phänomenen mittels der angeführten Raumbeispiele bei Google Earth wäre es denkbar, dass Schüler*innen Raumbeispiele bei Google Earth vorgegeben werden, die auf Spuren des Klimawandels hin untersucht werden sollen (Was passiert am jeweiligen Ort? Welche Verbindung besteht zwischen dem Ort und dem Thema Klimawandel?). Die Lernenden könnten dann zum Beispiel die Aufgabe bekommen, weiterführende Recherchen zu den jeweiligen Raumbeispielen anzustellen. Ergänzend können die Schüler*innen auch selbst auf Entdeckungsreise weiterer Spuren des Klimawandels auf unserem Planeten gehen.
Weiterführende Links
Klett bietet online ein mehrteiliges Google-Earth-Tutorial für Schüler*innen an.
Autorin: Julia Althoff
Bild: Pixabay (2011)
Literatur
Eichert, C.; Malewski, C.; Schubert, J. C. (2013): Arbeit mit Virtuellen Globen im Geographieunterricht. In: Bartoschek, T.; Schubert, J. C. (Hrsg.): Geoinformation im Geographieunterricht. Grundlagen, Potenziale, Unterrichtsideen. Münster: MV-Verlag, 24-36.
Energie & Management GmbH (2016): Bio-Riese. https://www.energie-und-management.de/nachrichten/detail/bio-riese-116261 (10.10.2020).
Lößner, M. (2007): Mount St. Helens, Merapi & Co.. Mit ‚Google Earth‘ Vulkane entdecken. In: Geographie heute, 28, 247, 36-42.
Schmid, A.; Thierer, A. (2010): La Paz virtuell. Mensch-Umwelt-Beziehungen mit Google Earth erkunden. In: Geographie heute, 31, 283, 26-30.
Schmitz-Elvenich, E. (2008): Blick aus dem All. Erstellung eines Orientierungslaufs mit Google Earth. In: Praxis Geographie, 38, 7-8, 34-35.
Vielen Dank für diese interessante Zusammenstellung! Ich habe für das digitale Lernen gleich ein Arbeitsblatt daraus gemacht. Besonders bestechend und konstruktiv finde ich, dass die Liste der Maßnahmen gegen den Klimawandel länger ist als die Liste der Katastrophen (no doubt: die könnte man noch viel länger machen, aber die Positiva helfen gegen die Weltuntergangsstimmung!
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Vielen Dank für die genaue Rückmeldung! Ich finde die Zusammenstellung der Beispiele, die Julia Althoff hier gemacht hat, auch sehr inspirierend!
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