Im Film ‚Home – Die Geschichte einer Reise‘ (2009) begleiten die Zuschauer*innen den französischen Filmemacher und Fotografen Yann Arthus-Bertrand auf einer Reise über die Erde, die sowohl die Schönheit unseres Planeten als auch dessen Gefährdung durch menschliches Handeln eindrucksvoll demonstriert. Arthus-Bertrand zeigt in seinem Film Luftaufnahmen aus über 50 verschiedenen Ländern aller Kontinente, die mit von ihm eingesprochenen Informationen über die Natur, das (zumeist nicht nachhaltige) Handeln der Menschen sowie durch persönliche Erzählungen über den eigenen Werdegang hin zum (Natur-)Foto- bzw. Videografen unterlegt werden.
Für diesen Film kehrte ich in viele Länder zurück, die ich in den letzten 30 Jahren als Fotograf besucht hatte. Und in jedem Land sah ich die Herausforderungen unserer Zeit.
Yann Arthus-Bertrand (In: »Home – Die Geschichte einer Reise«)
Neben dem Erblicken der Schönheit der Erde wird Arthus-Bertrand auf seinen Flügen über die verschiedenen Länder mit Herausforderungen konfrontiert, die sich aus dem Zusammenleben von Menschen untereinander, insbesondere aber aus dem Zusammenleben von Mensch und Natur ergeben. Zentral ist in »Home – Die Geschichte einer Reise« dabei sicherlich der Klimawandel, etwa, wenn Arthus-Bertrand auf die Gletscherschmelze am Himalaya, die sich selbst verstärkende Eisschmelze in Kanada, das Auftauen des Eises der Nordwestpassage, die deutliche Zunahme von Flüssen in Grönland oder die Eisschmelze am Kilimandscharo verweist. Auch die Austrocknung des Tschadsees, die Camps von Klimaflüchtlingen im Tschad, das Korallensterben am Great Barrier Reef, die Zunahme von Extremwetterereignissen wie Waldbränden sowie das Auftauen des Permafrostbodens in Russland kommen zur Sprache. Hiermit eng verbunden spielt in ‚Home – Die Geschichte einer Reise‘ auch die Energiefrage und die damit z. T. verbundene Umweltschädigung eine große Rolle. So zeigt Arthus-Bertrand Aufnahmen von kanadischen Ölsandfeldern, nigerianischen Gasfackeln und Ölbohrinseln und Regenwaldrodung zur Holzkohlegewinnung in Haiti. Zudem identifiziert er die industrielle Landwirtschaft als Bereich des global größten CO2-Ausstoßes und stellt vor diesem Hintergrund auch den Fleischkonsum der Menschheit infrage. Immer wieder zeigt Arthus-Bertrand auf, wie wenig nachhaltig menschlicher Konsum erfolgt: In Indonesien weicht der Regenwald Palmölplantagen, in Thailand werden Mangroven zum Anlegen von Shrimpfarmen abgeholzt, in Mauretanien kommt es zur Überfischung, in den Niederlanden werden immense Mengen an Chemie in der Tulpenzucht eingesetzt und Dubai, die ‚Stadt der Zukunft‘, ist für Arthus-Bertrand ein großes Bild der Verschwendung. Gleichwohl werden hinsichtlich des Kampfs gegen den Klimawandel von Arthus-Bertrand auch Positivbeispiele angesprochen, sei es das Anlegen großer Solar- oder Windenergiefelder, das Kooperieren von Ländern wie den Niederlanden und Bangladesch bei der Auseinandersetzung mit Klimawandelfolgen wie Überschwemmungen oder das ehrgeizige Ziel Neuseelands, in wenigen Jahren CO2-neutral zu sein. Neben den ökologischen finden in den Film auch soziale Herausforderungen Eingang, wie die große Armut von Menschen in Haiti, das Sterben von Flüchtlingen vor Gibraltar, die ungleiche Verteilung von Wohlstand in Nigeria, die Ausbreitung von AIDS und die damit verbundene niedrige Lebenserwartung in Swasiland oder die Ausgrenzung von Menschen im Zuge der Apartheid in Südafrika. Immer wieder sieht sich Arthus-Bertrand auf seiner Reise mit scheinbar unauflösbaren Widersprüchen konfrontiert, sei es bspw. das Recht auf Konsum für alle vs. die global notwendige Bewahrung der Natur – ein Dilemma, das nicht zuletzt im Zuge des steten Bevölkerungswachstums v. a. in Ländern des globalen Südens immer präsenter wird.
Ich wollte den Menschen sagen: ‚Können wir nicht dieselbe Glaubenskraft [wie in Religionen, J. A.] aufbringen, wenn es um gemeinsame Ziele geht, die uns alle betreffen? Die Rettung unserer Wälder, unseres Wassers, unserer Ozeane, unseres Klimas?
Yann Arthus-Bertrand (In: »Home – Die Geschichte einer Reise«)
Arthus-Bertrand möchte die Zuschauer*innen mit seinem Film unmittelbar erreichen und ihnen zeigen, was er auf seinen Reisen beobachtet hat. Durch seine bildgewaltigen Aufnahmen und den unterlegten Erzählungen schafft er es, ein Verantwortungsgefühl in Bezug auf die Pracht und gleichzeitige Verletzlichkeit des Planeten bei den Zuschauer*innen zu wecken. In diesem Sinne appelliert der Film an die Menschen weltweit, solidarisch für den Schutz der Erde einzutreten, um deren Schönheit zu bewahren.
Für den Schulunterricht eignet sich der Film »Home – Die Geschichte einer Reise« in besonderer Weise, um Schüler*innen die gegenwärtig zentralen Herausforderungen der Menschheit aufzuzeigen und ihnen begreiflich zu machen, warum die Lösung dieser Herausforderungen essentiell ist. Gleichzeitig enthält der Film zahlreiche Anknüpfungspunkte, um ethische Fragestellungen zu behandeln, wie zum Beispiel Fragestellungen zur Ethik des Klimawandels (Besteht eine ethische Verpflichtung der Menschen gegenüber Personen und eine ethische Verpflichtung zu bestimmten Handlungen aus Gründen des Klimawandels? Wie sollen wir handeln, um diesen Verpflichtungen nachzukommen?). Auch aus den von Arthus-Bertrand aufgezeigten Widersprüchen ergeben sich interessante Fragestellungen, insbesondere auch aus o. g. Frage nach einem Recht auf Konsum für alle Menschen gegenüber den dringend erforderlichen Schutzmaßnahmen zum Wohle des Planeten. Daran anknüpfend kann bspw. gefragt werden, ob Umweltschädigung (insbesondere auch der Ausstoß von Treibhausgasen) gerecht verteilt sein sollte, d. h. ob Länder des globalen Nordens inzwischen die ihnen ‚zustehende‘ Menge an Emissionen verbraucht haben und Länder des globalen Südens so lange weiter emittieren ‚dürfen‘, bis sie dieselbe Menge erreichen. Denkbar ist, Arthus-Bertrands Film mit einer unterrichtlichen Spurensuche aus der Vogelperspektive zu verbinden.
Man wird nicht als Naturschützer geboren, das Leben macht einen dazu. Die Arbeit an meinen Filmen hat mich verändert. Weil die Erde schöner ist, als ich es mir je hätte träumen lassen, weil ich gesehen habe, was wir Menschen aus ihr machen.
Yann Arthus-Bertrand (In: »Home – Die Geschichte einer Reise«)
Yann Arthus-Bertrand wurde am 13. März 1946 in Paris geboren und ist für seine Tätigkeit als Fotograf und ökologischer Aktivist bekannt. Mit 20 Jahren entschloss er sich, in einem Tierreservat zu arbeiten, zuerst in Frankreich und ab 1976 in Kenia, wo er zusammen mit seiner Frau mehrere Jahre lang das Verhalten einer Gruppe Löwen beobachtete. Um Geld zu verdienen, flog er Tourist*innen mit dem Heißluftballon über das Gebiet und entdeckte hierbei seine Leidenschaft für die Fotografie »von oben«. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich machte er Reportagen, arbeitete u. a. für »National Geographic«, gründete eine Agentur für Luftbildfotografie und war im Projekt »Die Erde von oben« tätig (Linternaute.com 2019). Der gleichnamige Kinofilm wurde in Deutschland im Jahr 2006 erstmals ausgestrahlt (Kino.de o. J.). Neben dem Film »Home« (2009) ist Arthus-Bertrand u. a. auch für »Planet Ocean« (2012) und »Human« (2015) bekannt.
Weiterführende Links
Arthus-Bertrands Dokumentationen sollen seinen Zuschauer*innen nach einer gewissen Zeit frei zur Verfügung gestellt werden (Kunst 2014). Einige lassen sich daher kostenlos in voller Länge im Internet ansehen, zum Beispiel Beiträge aus der Serie »Die Erde von oben«, der Film »Home« oder der Film »Planet Ocean«.
Auf der Internetseite des Filmemachers kann eine sehr umfangreiche Sammlung seiner Fotografien eingesehen werden.
Unter dem Stichwort »7 Milliarden Andere« lassen sich auf Youtube interessante Videos eines Projekts von Arthus-Bertrands Stiftung GoodPlanet finden, in denen Menschen zahlreicher verschiedener Länder Fragen über ihre Einstellung zum Leben beantworten.
Literatur
Kino.de (o. J.): Die Erde von oben. https://www.kino.de/film/die-erde-von-oben-2004/ (20.09.2020).
Kunst, M. (2014): Film Tipp: „Planet Ocean“ von Yann Arthus Bertrand jetzt kostenlos online. Wir sind das Meer. https://segelreporter.com/panorama/film-tipp-planet-ocean-von-yann-arthus-bertrand-jetzt-kostenlos-online/ (20.09.2020).
Linternaute.com (2019): Yann Arthus-Bertrand : biographie courte, dates, citations. https://www.linternaute.fr/biographie/art/1775708-yann-arthus-bertrand-biographie-courte-dates-citations/ (20.09.2020).
Autorin: Julia Althoff
Bild: EuropaCorp Distribution
Guten Morgen Stefan,kennst Du den Film "Als der Wind den Sand berührte"?Eine Geschichte über Ursachen und Strapanzen v
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Guten Morgen, danke für den Tipp. Sehen wir uns mal an! Viele Grüße nach München, genieß deine Ferien ein bisschen 🙂 !
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