Der Klimawandel stellt zweifelsfrei eine der größten gegenwärtigen Herausforderungen dar, die zudem einer besonderen Dringlichkeit unterliegt (Grothmann 2017, Fiedler 2020). Vor diesem Hintergrund ist geeignete Klimakommunikation von entscheidender Relevanz, um das Problembewusstsein der Bevölkerung, von Politiker*innen und von Akteur*innen der Wirtschaft zu erhöhen, sie zum Agieren zu motivieren und zu befähigen sowie die gesellschaftliche Akzeptanz von Maßnahmen gegen den Klimawandel zu steigern (Grothmann 2017). In seinem Aufsatz „Psychologische Eckpunkte erfolgreicher Klima(schutz)kommunikation“ (Grothmann 2017) setzt sich Dr. Torsten Grothmann sehr ausführlich mit (psychologischen) Gründen auseinander, die herausfordernd auf die Ausbildung hohen Klimabewusstseins und Klimaschutzhandelns wirken und führt Empfehlungen für eine geeignete Kommunikation an, mit der der „Kommunikationskrise“ (Neubauer / Repenning 2019, 117) Klimakrise begegnet werden kann.

Herausforderungen für die Ausbildung hohen Klimabewusstseins und Klimaschutzhandelns

Der Klimawandel ist nicht direkt wahrnehmbar.

Klar erschwerend für das Ausbilden großen Klimabewusstseins und die Förderung von individuellem Klimaschutzhandeln wirkt sich aus, dass klimatische Veränderungen – die Veränderung des Wetters über mehrere Jahrzehnte – vom menschlichen Wahrnehmungssystem nicht direkt erkannt werden können. Ähnliches gilt für den Einfluss von Treibhausgasemissionen oder Klimaschutzmaßnahmen, denn ihre Wirkungen treten erst zeitlich verzögert auf. Unmittelbar wahrzunehmen sind dagegen Wetterphänomene, deren Interpretation häufig jedoch irreführend ist – z. B., wenn kalte und an einigen Orten besonders schneereiche Winter als Indiz dafür interpretiert werden, dass die Klimaerwärmung noch nicht allzu weit vorangeschritten sein kann (Grothmann 2017).

In unserer Wahrnehmung ist die Gegenwart wichtiger als die Zukunft.

Tendenziell sind Menschen in geringerem Maß motiviert, etwas zu tun, das erst nach längerer Zeit Früchte trägt. Der in der Zukunft liegenden Belohnung wird somit ein geringerer Wert zugesprochen als den unmittelbar sichtbaren Ergebnissen anderer Handlungen (Fiedler 2020).

Menschen unterliegen einem ‚unrealistischen Optimismus‘.

Menschen tendieren dazu, optimistischer in Bezug auf ihr eigenes Leben als in Bezug auf das Leben Anderer zu sein. So neigen Menschen bspw. dazu, zu denken, dass sie selbst voraussichtlich gar nicht vom Klimawandel betroffen sein werden. Hinzu kommt der Gedanke, dass Andere – z. B. politische Akteur*innen – die Gefahr schon von ihnen abwenden werden (sog. ‚Zuschauereffekt‘; Fiedler 2020).

Die Klimawandeldebatte wird vor allem durch die Massenmedien geführt.

Da wir den Klimawandel selbst nicht wahrnehmen können, sind wir auf die Wissenschaft angewiesen. Jedoch haben nur die wenigsten Menschen direkten Kontakt zu Klimaforscher*innen, sodass die öffentliche Diskussion vorrangig durch die Medien und die von ihnen vermittelten Informationen geprägt wird (Grothmann 2017).

Ein größeres Wissen zum Klimawandel führt nicht zwangsläufig zu einem höheren Klimabewusstsein.

Mehrere wissenschaftliche Studien und Publikationen zeigen auf, dass die reine Vermittlung von Informationen zum Klimawandel für eine Förderung des Klimabewusstseins bzw. des Klimaschutzhandelns nicht ausreichend ist bzw. dass mit höherem klimawandelbezogenen Wissen nicht automatisch die Risikowahrnehmung des Klimawandels steigt – ein bloßes Informationsdefizit also nicht ursächlich für geringes Klimabewusstsein ist (Grothmann 2017, Mohn / Staud 2018). Studien zeigen zudem, dass Wertvorstellungen dagegen einen großen Einfluss auf das Klimabewusstsein haben. Legt man bspw. einen hohen Wert auf Fernreisen, begünstigt dies z. T. eine weniger gravierende Wahrnehmung des Klimawandels, wohinter letztlich ein psychologisch bekanntes Gesetz steht: „Informationen, die den eigenen Interessen, Einstellungen, Überzeugungen, Werten und Normen widersprechen, [werden] ignoriert und kritisiert [] – nach dem Motto: Es kann nicht sein, was subjektiv nicht sein darf“ (Grothmann 2017, 224). Insbesondere spielen hier auch die sozialen Normen eine Rolle: Menschen orientieren sich entscheidend an den Verhaltensweisen ihrer Mitmenschen. Dass ein konsumintensiver, an einen hohen Treibhausgasausstoß geknüpfter Lebensstil in unserer Gesellschaft die Norm ist, dient vielen Menschen als Rechtfertigung – z. B. dafür, einen SUV zu nutzen: Sie sind schließlich nicht die einzigen in der Bevölkerung. Psychologisch erklärt werden kann dies mit der Tendenz, dass Menschen in Bedrohungssituationen dazu neigen, sich stärker an ihrer Gruppe zu orientieren (Fiedler 2020).

Psychologisch bekannt ist außerdem der Mechanismus, dass zunehmende Wissens- und Informationsvermittlung dazu führen kann, dass man sich von einem Problem überfordert fühlt und sich zur Erhaltung der psychischen Gesundheit erst recht in Abwehrreaktionen flüchtet. Letztere manifestieren sich bspw. in Wunschdenken („Der Klimawandel wird nicht so schlimm wie alle sagen“), dem Übertragen von Verantwortung („Die Politiker*innen sollen etwas unternehmen“), Verleugnung („Die Klimawissenschaft hat unrecht“) oder Fatalismus („Ich kann ohnehin nichts ausrichten“) (vgl. Grothmann 2013). Je größer die Diskrepanz zwischen dem vermittelten Risiko und der Wahrnehmung der eigenen Handlungsmöglichkeiten ist, desto größer sind auch die empfundene Überforderung und die resultierenden Abwehrreaktionen (Grothmann 2017; vgl. Lehmann 2019). Konsequenz kann dann auch eine vollständige Vermeidung und Verdrängung des Themas sein (Grothmann 2017, Lehmann 2019). Fühlen sich Menschen von Themen besonders bedroht, kann es im Zusammenspiel mit vorliegenden Kontrollverlustängsten auch zu gefährlichen „symbolischen Verteidigungsreaktionen [–] Aufwertung der eigenen Ethnie, Nationalismus, Abwertung fremder Gruppen, Schuldzuweisungen, Forderung nach massiver Bestrafung vermeintlich Schuldiger“ (Lehmann 2019, o. S.; Hervorhebung J. A.) – kommen.

Ein größeres Klimabewusstsein geht nicht zwangsläufig mit verstärktem Klimaschutzhandeln oder mit einer größeren Akzeptanz von Maßnahmen zum Klimaschutz einher.

Auch bei einer großen Problemwahrnehmung des Klimawandels wird das Klimaschutzhandeln oft durch „zuwiderlaufende Werte und Rahmenbedingungen“ (Grothmann 2017, 225; Hervorhebung J. A.) gehemmt – bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bspw. durch eine Orientierung am Status Quo, (vermutete) Kostennachteile oder eine unzureichende Infrastruktur (Grothmann 2017).

Empfehlungen für eine angemessene, handlungsfördernde Klimakommunikation

Persönliche Risikowahrnehmungen sollten gefördert, Katastrophismus sollte jedoch vermieden werden.

Der Klimawandel sollte so kommuniziert werden, dass er für die Angesprochenen eine persönliche Bedeutung bekommt, indem Wahrnehmungen individueller Betroffenheit gesteigert werden. Dies gelingt bspw., indem Auswirkungen des Klimawandels (z. B. was Extremwetterereignisse betrifft) v. a. auch auf lokaler und regionaler Maßstabsebene kommuniziert werden, indem Klimawandelfolgen der nahen Zukunft ebenso wie Klimaveränderungen der Vergangenheit thematisiert werden oder der Klimawandel in Zusammenhang mit Themen kommuniziert wird, die für die Adressat*innen eine persönlich hohe Bedeutung haben (z. B. das Thema Gesundheit; Grothmann 2017). Eine alleinstehende, allzu stark alarmierende, vermeintlich ‚wachrüttelnde‘ „worst-case“-Kommunikation ist dagegen zu vermeiden, da diese eine Überforderung der Angesprochenen und das Aufkommen damit verbundener Abwehrreaktionen (s. o.) begünstigt (Grothmann 2017, Lehmann 2019). Die Kommunikation alarmierender Folgen sollte immer vom Aufzeigen von Möglichkeiten ihrer Verhinderung begleitet werden (Grothmann 2017).

Realisierbare, effektive Handlungsmöglichkeiten sollten über Vorbilder kommuniziert werden.

Neben der Kommunikation von Klimawandelfolgen sollten den Adressat*innen Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden – wie bspw. konkrete Maßnahmen zur Senkung der individuellen Treibhausgasemissionen. Besonders sinnvoll ist es, diese über Vorbilder oder Good-Practice-Beispiele des Klimaschutzes zu kommunizieren (Grothmann 2017).

Die Emotionen der Adressat*innen sollten angesprochen werden.

Um Menschen zum Klimaschutzhandeln zu motivieren, ist es sinnvoll, ihre Emotionen anzusprechen. Insbesondere sollten Möglichkeiten genutzt werden, positive Emotionen (z. B. Freude, Hoffnung, Stolz) auszulösen, da unangenehme Emotionen (z. B. Angst) wiederum die Gefahr von Abwehrreaktionen (s. o.) bergen (Grothmann 2017).

Klimawandel und Klimahandeln sollten erfahrbar gemacht werden.

Ein Erfahrbarmachen des Klimawandels kann z. B. durch Berücksichtigung von vergangenen Entwicklungen bzw. durch Verweis auf Klimaschutzvorbilder erfolgen (Grothmann 2017).

Klimakommunikation sollte als Dialog erfolgen.

Vielversprechend ist es, in der Klimakommunikation auf dialogische und partizipative Kommunikationsformen wie Bildungsveranstaltungen, Workshops und individuelle Gespräche zu setzen. Dies kann gegenseitiges Lernen fördern, Unsicherheit reduzieren und auch das Vertrauen in die (Klima-)Wissenschaft stärken (Grothmann 2017).

‚Kollektive Wirksamkeit‘ sollte angestrebt werden.

Bei den Menschen sollte ein Glaube daran erreicht werden, dass ihre Gruppe wirksam zum Schutz des Klimas beitragen kann. Bewegungen wie Fridays for Future wird daher in Bezug auf das Anstreben einer solchen Solidarität und Zuversicht eine große Bedeutung beigemessen (Fiedler 2020; vgl. Lehmann 2019).

Klimakommunikation im Schulunterricht

Beim Betrachten der Hinweise zu einer angemessenen, handlungsfördernden Klimakommunikation wird deutlich, welche Chancen dem Schulunterricht diesbezüglich zukommen: Er bietet einen Rahmen, in dem Klimakommunikation als Dialog erfolgen kann. Viele der Kommunikationsempfehlungen können in der Unterrichtsplanung durch die Lehrkraft angelegt werden – indem in einer Unterrichtsreihe zum Klimawandel bspw. die Auswirkungen des Klimawandels auf die Region der Schüler*innen thematisiert werden, nachhaltige Handlungsoptionen (z. B. unterstützt durch das Poster der Nachhaltigen 222, Link zum entsprechenden (bislang noch unveröffentlichten) Beitrag setzen) aufgezeigt oder Vorbilder im Klimahandeln im Unterricht behandelt, ggf. sogar kontaktiert und befragt werden. Den Empfehlungen folgend ist Katastrophismus dabei zu vermeiden und ein Fokus auf die Anregung (auch) positiver Emotionen seitens der Lernenden zu legen: Warum also nicht die Behandlung des ökologischen Fußabdrucks um den ökologischen Handabdruck ergänzen und den Schüler*innen aufzeigen, durch welche Handlungen sie bereits CO2 eingespart haben? Beispielhaft könnten die Behandlung der Fridays-for-Future-Bewegung oder aus praktischer Sicht eine gemeinsame, klimawandelbezogene Projektarbeit der Klasse schließlich dazu beitragen, auch die Wahrnehmung kollektiver Wirksamkeit der Lernenden zu fördern.

Weiterführende Links

Auf klimafakten.de kann eine umfassende Grafik mit Faktoren eingesehen werden, die Menschen zum Klimahandeln bewegen.

Literatur

Fiedler, M. (2020): Die Psychologie des Klimawandels. Warum wir viel über die Erderwärmung wissen, aber wenig tun. https://www.tagesspiegel.de/politik/die-psychologie-des-klimawandels-warum-wir-viel-ueber-die-erderwaermung-wissen-aber-wenig-tun/25473340.html (13.01.2021).

Grothmann, T. (2017): Psychologische Eckpunkte erfolgreicher Klima(schutz)kommunikation. In: López, I. (Hrsg.): CSR und Wirtschaftspsychologie. Psychologische Strategien zur Förderung nachhaltiger Managemententscheidungen und Lebensstile. Berlin: Springer, 221-240.

Grothmann, T. (2013): Die Wahrnehmung des Klimawandels und wodurch sie beeinflusst wird. https://klimanavigator.eu/dossier/artikel/038715/index.php (13.01.2021).

Lehmann, A. (2019): Klimawandel. Warum tun wir so wenig? https://www.tagesspiegel.de/politik/klimawandel-warum-tun-wir-so-wenig/23886440.html (13.01.2021).

Mohn, C.; Staud, T. (2018): Du und der Klimawandel: Viel wissen. Wenig tun? Die Infografik zur Psychologie des Handelns. https://www.klimafakten.de/meldung/du-und-der-klimawandel-viel-wissen-wenig-tun-die-infografik-zur-psychologie-des-handelns (13.01.2021).

Neubauer, L.; Repenning, A. (2019): Vom Ende der Klimakrise. Eine Geschichte unserer Zukunft. Stuttgart: Tropen.

Autorin: Julia Althoff

Bild: Collage, Ursprungsbilder: Pixabay (2015, 2019)