Wie funktioniert der Lösungsansatz?
Cloud Seeding, das Handwerk der Wettermanipulation, gibt es seit 1946. Erfunden hat es der US-Konzern General Electric (vgl. Hahn 2022). Das Vorgehen ist folgendermaßen:
Wolken werden mit Hilfe von Flugzeugen oder Drohnen mit Salzen (z.B. Silberjodid) oder anderen Chemikalien besprüht. In der Folge lagern sich die kleinsten Wassertropfen an diese an. Es entstehen größere Wassertropfen. Diese sind nun schwer genug, um auf die Erde zu fallen.
In Ländern wie China, den Vereinigen Arabischen Emiraten oder Thailand wird diese Technologie eingesetzt (vgl. Hahn 2022). Sie gilt hier „als Hoffnung“ (Hahn 2022).
Die Technologie ist auch in Japan schon bekannt und seit den Dürren der Fünfzigerjahre werden erste Regengeneratoren eingesetzt. Diese Technik soll nun angesichts des Klimawandels ausgebaut werden.
Wie weit recht der Lösungsansatz?
Der Lösungsansatz setzt zunächst nach dem Problemkomplex an, er verringert das Problem der Trockenheit, wendet sich aber nicht gegen Ursachen des Klimawandels. Zudem ist die Lösung sehr stark lokal begrenzt. Das Problem an diesem Lösungsansatz ist, dass es erstens überhaupt Wolken braucht, damit die Lösung zum Einsatz kommen kann und zweitens, dass einmal abgeregnete Wolken woanders keinen Regen mehr bringen können. So fühlte sich etwa Indien durch Chinas Ankündigung im Jahr 2021 bedroht, bis 2025 5,5 Millionen Quadratkilometer Land (Hahn 2022) befeuchten zu wollen. Unklar ist auch, was das abgeregnete Salz mit der Umwelt macht und wie sich dies auf so ein komplexes System wie das Wettergeschehen auswirkt. Daten zur Wirksamkeit sind außerdem nur bedingt erhoben.
Wie bringe ich dieses Projekt in einen lösungsorientierten Unterricht ein?
Der lösungsorientierte Ansatz von Thomas Hoffmann (2018 a, b, 2021) für den Geographieunterricht sieht vor, in Themen der globalen Herausforderungen im Unterricht mit einem Lösungsansatz einzusteigen, statt mit dem Problem, um die SchülerInnen zu motivieren und sie in einen hoffnungsvollen, optimistischen, aber auch kritisch-kreativen Denkmodus zu bringen. Der Unterrichtsaufbau ist damit wie folgt: Lösungsansätze – Problemkomplex – Lösungsansätze. Das bedeutet man steigt z. B. in das Thema Klimawandel (10. Klasse aufwärts) statt mit einem Bild wie dem folgen den mit dem beschriebenen Lösungsansatz ein.

Wichtig ist dabei zu klären, wo dieser Lösungsansatz am Problem ansetzt. Dies kann im Anschluss an die Frage „Wie funktioniert der Lösungsansatz?“ gefragt werden, indem nach den Zielen gefragt wird: Was wollen die Länder damit erreichen? Inwiefern ist das erfolgreich? Wie weit reicht der Lösungsansatz?
Bei diesem Lösungsansatz ist jedoch zu fragen, wie kritisch dieser schon im Einstieg betrachtet werden darf oder soll (Problem der Normativität). Da dieser Lösungsansatz vielleicht kritischer ist als andere, bietet es sich im Sinne der Lösungsorientierung als Weg, einen hoffungsvollen, wenn auch kritisch-kreativen Denkmodus zu fördern, eher an, diesen Lösungsansatz am Ende mit mehr Reflexion anzugehen und zu Beginn andere Lösungen zu setzen (vgl. z.B. Dürre in Deutschland: Forschung, Lösungen, Anpassung – BMBF).
a) Eine Möglichkeit der kritischen Auseinandersetzung bietet das folgende Video vom Deutschen Wetterdienst – als ergänzende Information. Hier ist auch die geopolitisch kritische Seite (Wasserverteilung als Drohung) enthalten und zu diskutieren. Der letzte Satz des Videos kann zum Nachdenken anregen.
Cloud Seeding: Können wir Wolken manipulieren? | Projekt Zukunft – Das Wissenschaftsmagazin | DW | 20.08.2021 (deutsche Fassung des folgenden Videos)
b) Eine weitere wichtige Möglichkeit, die sich hier direkt anbietet, ist die Integration ethischer Fragen (zur Hilfestellung für die SchülerInnen für das Formulieren ethischer Fragen vgl. Mehren & Ulrich-Riedhammer 2021, 24): Inwieweit ist es ethische vertretbar, Cloud Seeding einzusetzen, auch angesichts unklarer Folgen für das Wettergeschehen und die Umwelt (Salze) (Risikoethik, Technikfolgenabschätzung)? Inwieweit ist es gerecht, den Regen über einer bestimmten Region abregnen zu lassen? Wie kann hier gerecht verfahren werden (alle Entscheidungsträger an einem Tisch, LändervertreterInnen o.Ä.)? Die Fragen der Verteilungs- und der Verfahrensgerechtigkeit können neben Fragen der Risikoethik verhandelt werden, indem die SchülerInnen die Begriffe der Gerechtigkeit und ggf. ergänzend ethische Konzepte zu beiden Gerechtigkeitsfragen (Verteilungs- und Verfahrensgerechtigkeit) oder einer der Fragen kennenlernen. Auch dabei sollte es darum gehen, eine Lösung zu finden und nicht im Problem (ungerechte Verteilung) zu verharren.
Text: Eva-Marie Ulrich-Riedhammer (2022)
Fotos: Image by evening_tao on Freepik; Image by jannoon028 on Freepik
Literatur:
Hoffmann, T. (2018a). TERRA Globale Herausforderungen 1. Die Zukunft, die wir wollen. Stuttgart: Klett.
Hoffmann, T. (2018b). Gerüstet für die Zukunft. Aufgaben des Geographieunterrichts. Praxis Geographie 1, 4-9.
Hoffmann, T. (2021). Globale Herausforderungen und SDGs – ein strikt lösungsorientierter Unterrichtsansatz. In A. Eberth & C. Meyer (Hrsg.), Didaktische Ansätze und Bildungsangebote zu den Sustainable Development Goals (S. 33-41). Hannover. https://doi.org/10.15488/11669
Hahn, Thomas (2022). Klimawandel: Wie Tokio das Wetter manipulieren will – Politik – SZ.de (sueddeutsche.de)
Mehren & UIrich-Riedhammer (2021). Der Kampf ums Ackerland. Faktische und ethische Komplexität im Kontext der Nachhaltigkeit. Praxis Geographie 3. 20-25.
Ulrich-Riedhammer, E.M, Applis, S. & Mehren, R. (2022). Nachhaltigkeit und Ethisches Lernen im Kontext einer lösungsorientierten Didaktik. In M. Dickel, G. Gudat & J. Laub. Ethische Orientierung für die Geographiedidaktik. Bielefeldt: transcript.