Mit den Themenfeldern „Krieg und Frieden“ sind in einem tagesaktuellen Geographieunterricht sowie in anderen Fächern wie Philosophie/Ethik oder Sozialkunde/Politik eine Reihe an Herausforderungen verbunden, die von fachwissenschaftlichen Fragen zu Ursachen und Folgen gewalttätiger geopolitischer Konflikte, über geeignete Thematisierungs- und Vermittlungsweisen bis hin zu einem sensiblen Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen reichen.

Schulinterne Fortbildungen (SchiLFs)für Lehrer*innen sind ein niederschwelliges Mittel, um im Kollegium oder in Fachschaften ins Gespräch zu kommen über die Pflege der Unterrichtskulturen an einer Schule. Innerhalb einer neuen Reihe auf Doing Geo & Ethics werden Vorschläge unterbreitet, wie Fachschaftsleitungen oder engagierte Lehrer*innen(gruppen) an ihren Schulen mit dem Blogangebot SchiLFs planen und durchführen können. Meist findet sich im Schulalltag nicht die Zeit die vielen verschiedenen Erfahrungen zu integrieren, die Lehrer*innen innerhalb von Fortbildungen für sich gemacht haben; mit gemeinsam geplanten und durchgeführten schulinternen Fortbildungen lässt sich diese Kluft überbrücken, indem man an Ort und Stelle ins Gespräch kommt über die Entwicklung der Unterrichtskulturen im eigenen Haus. Die folgende Zusammenstellung zeigt Wege auf, wie das Themenfeld "Kriege & geopolitische Konflikte" innerhalb einer umfangreicheren SchiLF, z. B. an einem pädagogischen Tag, bearbeitet werden kann.

Die hier vorgestellte Zusammenstellung von Beiträgen für eine schulinterne Lehrkräftefortbildung nimmt die angeführten Herausforderungen als Leitlinie, um im Kollegium vor dem Hintergrund theoretischer Überlegungen aus dem Globalen Lernen und der kritisch-konstruktivistischen Didaktik den unterrichtspraktischern Umgang mit Unsicherheit in sachlicher, zeitlicher und sozialer Hinsicht zu erörtern; die Zusammenstellung basiert auf einem Vortrag im Rahmen der Virtuellen Ringvorlesung Geographie im Sommersemester 2023:

Kriege und gewaltvolle Konflikte als Probleme doppelter Komplexität

Kriege und gewalttätige Konflikte treten den Beobachter*innen aus der Distanz als Problemfelder doppelter Komplexität entgegen. Lehrkräfte, die sich vornehmen, diese Themen in den Unterricht zu tragen zählen zu solchen Beobachter*innen aus der Distanz, während für direkt oder indirekt Betroffene selbstverständlich in einer unvergleichbar anderen Unmittelbarkeit berührt werden. Dies gilt in gleicher Weise für andere weltweite Problemlagen (Umwelt, Wirtschaft, Menschenrechte usw.). Die daraus resultierende generelle Forderung für den schulischen Unterricht bevorzugt solche Lernfelder zu generieren, in denen Kinder und Jugendliche auf die Konfrontation mit Situationen vorbereitet werden, in denen verschiedene normative Positionen, Weltentwürfe und Interessenskonstellationen einander gegenüber stehen, ist herausfordernd. für Lehrer*innen. Nicht zuletzt deswegen, weil sie sich selbst damit Spannungen und Ungewissheiten aussetzen, die sie auch auszuhalten in der Lage sein sollen. Zunächst einmal sind die fachlichen Anforderungen hoch, weil zur Durchdringung derartiger Problemlagen mehrere fachwissenschaftliche Zugänge von Bedeutung sind und sich deren Perspektiven oft auch wechselseitig ausschließen, wodurch zusätzliche Abwägungen im Rahmen von Überlegungen zur didaktischen Reduktion notwendig werden.

Die folgenden Fachbeiträge beziehen sich auf den Russland-Ukraine-Krieg, der die aktuelle Berichterstattung dominiert und fortwährend Fragen aufwirft: Was passiert da aktuell? Wie ist es historisch dazu gekommen und wie geht es in der Ukraine und in Europa weiter? Nicht nur Schüler*innen stehen ratlos vor einer Informationsflut und brauchen in dieser Zeit Grundwissen und Unterstützung – idealerweise erhalten sie es durch ihr Lehrerkräfte, die die aktuellen Ereignisse in den lehrplanmäßigen Unterricht einzubinden wissen:

Friedens- und Sicherheitslogik neu denken

Michael Haspel, apl. Prof. am Martin-Luther-Institut der Universität Erfurt, schreibt in seinem Beitrag „Friedens- und Sicherheitslogik neu denken“ für den Philosophieblog prae|faktisch.de über die zunehmende Verbreitung „(neo-)realistische[r] Ansätze, die vor…

Wir alle sind Teilnehmende des medialen Krieges

Zur Notwendigkeit einer Ethik der medialen Kriegsteilnahme In seinem auf prae|faktisch.de veröffentlichten Beitrag „Wir alle sind Teilnehmende des medialen Krieges“ plädiert Johannes Müller-Salo, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der…

Der Russland-Ukraine-Konflikt aus völkerrechtlicher Sicht

Das dem Völkerrecht zu Grunde liegende Raumkonzept Das Völkerrecht wurde in seiner Grundfassung als dasjenige Recht definiert, das die Beziehungen zwischen den (souveränen) Staaten regelt. Mithin ist eine völkerrechtliche Staatsqualität…

In Geographie-, Philosophie-/Ethik und/oder Sozialkunde-/Politikunterricht können einzelne Bereiche des Völkerrechts innerhalb selbstgesteuerten Lernarrangements schon ab der 9. Jahrgangsstufe behandelt werden. Der nebenstehenden Beitrag enthält eine Unterrichtseinheit mit der Methode des Gruppenpuzzles im Zentrum.

#Raum & Konflikte | Grundlagen des Internationalen Völkerrechts

Zur Bedeutung eines Grundverständnisses internationaler Rechtsverhältnisse Vieles von dem, was internationale Politik und somit das Handeln von Politiker*innen leitet, ist aus der Tagesberichterstattung über Kriege und Konflikte oft schwer verständlich.…

Didaktische Reduktion und Fragen der Vermittlung

Zwei Ansätze für die Leitlinen zur didaktischen Reduktion und Fragen einer Gestaltung von Vermittlungspraktiken bieten didaktische Konzeptionen wie sie innerhalb der stark an Fragen der politischen Bildung orientierten Didaktiken des Globalen Lernens und der kritisch-konstruktivistischen Didaktik Wolfgang Klafkis grundgelegt sind, um mit den Ebenen des Nicht-Wissens oder der Unsicherheit konstruktiv umzugehen.

Als Leitlinie für die Unterrichtsplanung kann formuliert werden, dass soziale Prozesse im Sinne sozialen Lernens und demokratischer Sozialerziehung einzubeziehen sind (vgl. Edelstein 2001, Edelstein & Fauser 2001, Edelstein, Oser & Schuster 2001, Henkenbourg 2005, Himmelmann 2005; im Überblick Becker 2008); zudem gelten die Forderungen des Beutelsbacher Konsenses als grundlegend für die Konstruktion aller Lehr-Lern-Arrangements:

Die didaktische Aufgabe besteht für den Lehrenden im Heraussuchen des richtigen Inhalts (=konkrete Herausforderung) für die Entwicklung geeigneter Kompetenzen; als wichtige Aspekte, um Lernmotivation durch Kombination interessanter Inhalt und Erfahrung persönlichen Kompetenzgewinns zu erzielen, werden Faszination des Inhalts (z.B. Aktualität), Einbringung von Schüler*inneninteressen durch Schüler*innen, Erkennen von Kompetenzfortschritten durch die Lernenden selbst und die darin enthaltene Erfahrung von Selbstwirksamkeit benannt. So geht es z.B. nicht darum, grundlegende Menschenrechte zu ‚vermitteln‘, die Ursachen des Klimawandels zu ‚behandeln‘ oder mehr über Migration zu ‚wissen‘, sondern zu erreichen, dass Schüler*innen zum Beispiel die Erfahrung machen, dass sie sich in die Diskussion um die Verletzung von Menschenrechten wirkungsvoll einbringen können (vgl. Schreiber, Edler & Schawe 2010: 19).

Nach Klafki (1991) haben Themen konstituierende Funktion für Fragestellungen bzw. Methoden: Ausgang didaktisch-methodischer Überlegungen sind Inhalte der Natur und der Gesellschaft, die zu Themen des Unterrichts werden, indem sie unter Frageperspektiven zu den Schüler*innen in Beziehung gesetzt werden oder indem Schüler diese in den Unterricht einbringen. Problemstellungen oder didaktische ausgewählte Themenstellungen sind also nicht objektiv oder neutral gegeben, sondern Problemstellungen immer schon „mit gesellschaftlich-politischen, religiösen, kulturellen Wertungen und Interessen besetzt; sie werden perspektivisch wahrgenommen, diskutiert oder tabuisiert“ (Klafki 1991: 260f.).

Basics | Wolfgang Klafki – Kritisch-konstruktive Didaktik

Einführung in die kritisch-konstruktive Didaktik und Veranschaulichung an den Hamburger Unterrichtskonzepten zum Globalen Lernen Didaktikverständnis Didaktik wird im Folgenden nach Gudjons, Teske & Winkel (2002, 9) zum einen verstanden als…

Die folgenden Lehr-Lern-Arrangements sind grundlegend innerhalb mehrer geographiedidaktischer Untersuchungen der Arbeitsgruppe um Rainer Mehren (Geographiedidaktik Universität Münster) beforscht und erfüllen die oben skizzierten Forderungen nach Offenheit, Diskursivität und Beteiligung der Lernenden an ihren eigenen Lernprozessen:

Die Mystery-Methode – Hintergrund, Einsatz, geeignete Themenfelder

Prozesse der Globalisierung werfen komplexe Verantwortungsfragen auf. Die Mystery-Methode aus dem »Thinking-Through-Geography«-Ansatz ist ein geeignetes Förderinstrument zu Bearbeitung solcher Fragestellungen. Seit den AGENDA 21-Beschlüssen werden auch in Deutschland Debatten um…

Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen

Im Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen sind Lehrkräften die größten Grenzen gesetzt, denn der Umgang mit traumatisierten Personen bedarf besonderer fachlicher Expertise. Dennoch ist es zweifelsfrei von Bedeutung, dass Lehrpersonen um die besonderen Herausforderungen zumindest in Ansätzen wissen, vor denen Kinder und Jugendliche stehen, die von – ggf. transgenerationell weitergegebenen – Traumata belastet sind. Auch außerhalb therapeutischer Kontexte ist es von Bedeutung sein, Krieg in seinen Wirkungen auf Menschen mit Bedacht zu thematisieren. Die folgenden Handreichungen seien interessierten Lehrer*innen besonders empfohlen:

Dennoch lassen sich biografische Erfahrungen von Fluchtmigration unterrichtlich einbinden vor folgendem Hintergrund: Der überwiegende Teil gegenwärtiger Migrationsbewegungen hat sein Ursache in gewälttätigen Konflikten – die Ukraine, Syrien, der Irak, Iran, Afghanistan; bei Personen, die sich der Mehrheitsgesellschaft zurechnen, entsteht leicht der Eindruck, internationale Migration betreffe nur „die Anderen“. Eschwerend kommt hinzu, dass eine mehrheitsgesellschaftlich geprägte mediale Berichterstattung in der Regel eine Außenperspektive auf „die“ Migrant*innen einnimmt. In einem von Migration geprägten Europa sollte allerdings schon seit vielen Jahrzehnten von Superdiversität oder postmigrantischer Gesellschaft gesprochen werden. Mit der biografische Methode als Unterrichtsmethode können sich Schüler*innen in einem produktionsorientierten Verfahren auf die Suche nach den eigenen Wurzeln machen, indem die Migrationsgeschichte der eigenen Familie in den Mittelpunkt gerückt wird.

Im Unterricht kann die biografische Methode starke schüler*innenaktivierende Wirkungen entfalten, da die Aufgabenstellung deren Lebenwirklichkeiten direkt betrifft und dazu anregt, die eigene Familiengeschichte in zeitlicher und räumlicher Dimension zu reflektieren. Die Schüler*innen bringen zusätzlich zu den im Rahmen der Interviews gewonnen Erzählungen der Befragten in der Regel auch Bild- und weiteres Textmaterial mit ein, zudem Arbeiten sie mit Karten und Diagrammen um Lebenwege von Familienmitgliedern nachzuverfolgen. Anschließend wird alles zusammengebracht in einem Produkt, z. B. einem Plakat oder einem aus einem Schuhkarton gebastelten Schaukasten:

Biografische Methode | Die Reise meiner Familie

Konflikte als Ursache transnationaler Migration Der überwiegende Teil gegenwärtiger Migrationsbewegungen hat sein Ursache in gewälttätigen Konflikten – die Ukraine, Syrien, der Irak, Iran, Afghanistan; bei Personen, die sich der Mehrheitsgesellschaft…

Text: Stefan Applis (2023)

Bild: Virtuelle Ringvorlesung Geographie (2023)